Exakt drei Wochen vor der feierlichen Einweihung und offiziellen Eröffnung des Veranstaltungs- und Kongresshauses waren über 150 Architekten, Innenarchitekten, Ingenieure, Sachverständige aus Wiesbaden und Umgebung, Vertreter von Kammern (AKH, IngKH), Behörden, dem Hessischen Ministerium der Finanzen (HMdF), den Landesbetrieben Bau und Immobilien Hessen (LBIH) und Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB), Angehörige von Hochschulen und Vertreter diverser Unternehmen gekommen, um sich einen ganz persönlichen Eindruck vom Gebäudekomplex und seiner einzigartigen Architektur zu verschaffen.
Initiatorin und Organisatorin der Veranstaltung, Architektin Bärbel L. Kupfer aus dem Vorstand des BDB Hessen, hieß die große Schar der Teilnehmer auf das Herzlichste willkommen. Sie tat dies auch im Namen des gesamten BDB-Landesvorstandes und des WAZ, das in Persona durch den Vorsitzenden, Architekt BDA Peter Bitsch, und seinen Stellvertreter, Architekt und Stadtplaner BDA/BDB Helmut Boerdner, vertreten war.
Nicht minder herzlich begrüßte Frau Kupfer den Entwurfsverfasser des neuen RMCC und von der Stadt Wiesbaden beauftragten Architekten BDA Ferdinand Heide. Viele der Anwesenden nahmen bereits im Mai des letzten Jahres an dem überaus erfolgreichen Rundgang über die prominente Großbaustelle mit Herrn Heide teil. Im Hinblick auf die hohe Zahl der Anmeldungen hob Architektin Kupfer erneut und anerkennend die Bereitschaft des Architekten hervor, auch zur zweiten Führung durch das RMCC allen Interessenten die Teilnahme an der Veranstaltung zu ermöglichen. Zur Freude aller konnte Frau Kupfer aus dem Büro Heide auch wieder die Architekten Heinrich Großenbach und Norman Berndt begrüßen, die den Rundgang als verantwortliche Projektleiter unterstützend begleiteten.
Danach richtete Architekt Bitsch, auch Vizepräsident der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen, einige Worte an die Teilnehmer. Zunächst ging er auf die Vergangenheit der ehemaligen „Rhein-Main-Hallen“ ein, die von Heinrich Rosskotten zusammen mit Edgar Tritthart entworfen und im Jahre 1957, als „Rhein-Main-Halle“ bezeichnet, eröffnet wurde. Bis zur Eröffnung des Wiesbadener Hauptbahnhofs im Jahre 1906 befanden sich an demselben Ort der ehemalige Taunusbahnhof und der Rheinbahnhof. Das stetig erweiterte und modernisierte Messe- und Kongresszentrum war viele Jahre der größte Veranstaltungskomplex in der Landeshauptstadt. Mit einer Gesamtfläche von über 20.000 m² verfügte es über 13 Kongress- und Tagungssäle sowie Ausstellungshallen, verteilt auf zwei Ebenen. Am Ende waren die später in „Rhein-Main-Hallen“ umbenannten und auch für Unterhaltungs- und Abendveranstaltungen genutzten Hallen zu klein und nicht mehr zeitgemäß.
Eine kurze Reflektion des Entstehungsprozesses des neuen RMCC, gemeinsam mit Herrn Heide, folgte, vom vorgelagerten, beschränkten Architekturwettbewerb, in dem das Preisgericht das Büro Heide am 12.03.13 mit dem vierten Preis ausgezeichnet hatte, bis zur Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung für den Zuschlag im Vergabeverfahren um das Architekturkonzept des Neubaus RMCC Wiesbaden an den Architekten Heide am 04.07.13.
Halle Nord
Der Rundgang startete im Erdgeschoss des großzügig konzipierten und mit viel Tageslicht durchfluteten zentralen Foyers. Die Teilnehmer legten zunächst den Weg zurück, den man nimmt, wenn man eine Veranstaltung in der größten Halle des Gebäudekomplexes, der Halle Nord (ehem. Halle 1), besucht und einen Sitzplatz auf der großen, mobilen Teleskoptribüne hat. Über die repräsentative Treppe des Hauptfoyers ging es auf die zentrale Galerie des 1. OG, über eine weitere Treppe in das 2. OG und von dort aus über einen Flur, an dem auch die Regieräume angegliedert sind, in die ebenfalls mit Tageslicht durchflutete Halle Nord. Die Exkursionsteilnehmer durften dann auf Deutschlands derzeit größter und innovativster Teleskoptribüne erstmals „Platz nehmen“, den Erläuterungen des Architekten lauschen und dabei den überwältigenden Blick in die 93 Meter lange, 47 Meter breite und 15 Meter hohe Halle genießen.
Warme Beige-Töne charakterisieren den Betonboden der Halle, für den eine eigene Betonrezeptur abgestimmt wurde. Das terrazzoähnliche Aussehen des mehrfach geschliffenen Betonbodens wurde u. a. durch die Komposition von Gesteinskörnung und Farbpigmenten bestimmt.
Aus bau- und raumakustischen Gründen kamen an den Wänden schallabsorbierende Holzverkleidungen in Brandschutzqualität zur Ausführung. Die beiden, zur Hallenteilung erforderlichen, mobilen Holztrennwände wurden in die mit Holz bekleideten Wände integriert. Helles Eichenfurnier an den Wänden und Türen in Eiche Natur mit Weißlackoberfläche sollen maßgeblich zum Wohlbefinden der Besucher beitragen.
Architekt Heide führte aus, dass im RMCC nur hochwertige und nachweislich schadstoffarme Materialien verwendet wurden, die entsprechend den Anforderungen der DGNB e.V., der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, von einem Bauökologen geprüft und dokumentiert werden mussten. So stammen bspw. alle verwendeten Hölzer nachweislich aus nachhaltiger Forstwirtschaft.
In der offenen Unterdecke der mit LKW befahrbaren Halle sind alle technischen Einbauten, u. a. Lüftungsauslässe, Sprinkler, Leuchten, Lautsprecher oder Lasthaken enthalten. Mit über 30 Kettenzügen auf dem Servicesteg und der Schienenanlage wird die nördliche stirnseitige Szenenfläche beschickt. Für eine gute Raumakustik sorgen die unterhalb der Hallendecke montierten Schallabsorber in Form von Baffels.
Im Erdgeschoss der Halle Nord angekommen, konnten die Teilnehmer dann einen Blick unter die kettenzugbetriebene, luftgepolsterte und insgesamt 300 Tonnen schwere, multifunktionale Teleskoptribüne (ca. 3.000 gestufte Sitzplätze) werfen. Für einen uneingeschränkten Blick in die Halle misst die Tribüne an der höchsten Stelle 8 Meter. Bei Bedarf kann sie zusammengefahren und hallenstirnseitig in einer Tasche „geparkt“ werden. Die in einem eleganten Schwarzton gehaltenen Tribünengeländer aus Metall wurden gestalterisch angepasst.
Weltweit soll das RMCC zu den nachhaltigsten Häusern gehören. Das Gebäude wurde bereits vor seiner Fertigstellung von der DGNB e.V. mit der Vorzertifizierung in Platin ausgezeichnet.
Die auf dem Dach der Halle Nord installierte Solarstromanlage erzeugt Energie und soll künftig rund 120 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. Der städtische Abwasserkanal wird zur Wärmerückgewinnung genutzt.
Foyer Halle Nord
Hatten die Teilnehmer der ersten Baustellenführung das Foyer Nord vor ca. 10 Monaten noch eingerüstet und weitestgehend im Rohbauzustand in Erinnerung, so staunten sie umso mehr, als sie das helle, großzügig bis unter das Dach des 2. OG verglaste und mit Jura-Naturstein belegte Foyer betraten. Das Prinzip des Hauses, das einer Schichtung, wurde deutlich. Der öffentliche Raum (Vorplatz) außen setzt sich in den Kolonnaden fort, geht in die Foyerzonen über und von dort aus in die Veranstaltungshallen.
In den Abendstunden soll eine speziell für das Foyer konzipierte Beleuchtungssituation den Blick auf die elegante Reihung der Kolonnaden und den dahinter liegenden öffentlichen Raum lenken.
Über eine der zwei, frei in das Foyer eingestellten, einläufigen Treppe wurde die Führung auf die Galerie des ersten Obergeschosses fortgesetzt.
Logen Halle Nord
Nach einem kurzen Aufenthalt an der laut Heide schönsten Ecke des RMCC, der Ecke Friedrich-Ebert-Allee – Rheinstraße, stand als Nächstes die Besichtigung der Logen an Halle Nord an. Bei diesen Räumen handelt es sich um sieben kleinere, nicht mit Theaterlogen vergleichbare, innenliegende Räumlichkeiten. Sie sind mit Blick zur Halle Nord angeordnet und verfügen über indirektes Tageslicht. Die Logen können für diverse Anlässe wie bspw. Pressegespräche oder Vorstandstreffen genutzt werden. Die Fenster lassen sich bei Bedarf zum Veranstaltungssaal hin öffnen.
Auf der Galerie des weitläufigen Foyers Nord führte der Weg dann zurück in das Hauptfoyer – dies mit wechselnden und spannenden Blickbeziehungen.
Forum 1.1
Im Raum „Forum 1.1“ angekommen, wurde der Blick zunächst unwillkürlich auf den angrenzenden, fertiggestellten öffentlichen Durchgang des Gebäudekomplexes und die Halle Süd mit großzügiger Dachterrasse entlang der Kronprinzenstraße gelenkt. Der helle, bis unter die Decke verglaste, Raum soll in Form eines Salons künftig als RMCC-Kundenlounge und Wohlfühl-Oase genutzt werden. Mit einer Fläche von 277 m² ist der Raum 10 Meter lang, 27 Meter breit und 6,7 Meter hoch.
Bärbel L. Kupfer
M.Sc. Dipl.-Ing. Architektin
BDB-Vorstandsmitglied Landesverband Hessen
Beisitzerin BG Südhessen-Nassau І Darmstadt – Wiesbaden – Frankfurt
Modern und innovativ. Das neue RMCC Wiesbaden mit Haupteingang (re), öffentlicher Durchwegung (Mi) und Halle Süd (li) © Esref Yavuz
Gut gelaunt. Die Hauptakteure bei der Begrüßung, von links nach rechts: Norman Berndt, Heinrich Großenbach, Bärbel Kupfer, Ferdinand Heide, Helmut Boerdner, Peter Bitsch © Rolf Maaß
Zahlreich. Die Teilnehmer bei der Begrüßung im zentralen Foyer © Peter Reichwein
Überwältigend. Blick von großer Teleskoptribühne auf Bühne in Halle Nord © Bärbel Kupfer
Beeindruckend. Die große Teleskoptribühne in Halle Nord (Blick aus einer der Logen im 1. OG) © Bärbel Kupfer
Weitläufig. Blick von der Galerie in Foyer Nord Richtung Halle Süd © Bärbel Kupfer
Zentrale Galerie mit Gastrobereich im EG, Zugang zu Raum Forum 1.1 im 1. OG und Treppe zum 2. OG, öffentliche Durchwegung Hallen (li) © Bärbel Kupfer
Klare Linien, warme Farben und viel Licht. Zentrales Foyer mit Haupttreppe und Blick auf den öffentlichen Durchgang © Rolf Maaß