In Deutschland wird seit Jahren darüber diskutiert, wie wir Bürokratie abbauen können. Vor allem im Bauwesen trägt das Festhalten an länderspezifischen Vorschriften dazu bei, dass sich dringend notwendige Harmonisierungen in der Baugesetzgebung immer wieder verzögern. Alle am Bauen Beteiligte sehen sich oft genug mit Anforderungen konfrontiert, die geeignet sind, den Wirtschaftsfaktor Bau unnötig zu belasten und diesem letztlich nur Schaden zufügen.
Nun hat der „DIN-Normenausschuss Heiz- und Raumlufttechnik sowie deren Sicherheit“ im März dieses Jahres den 40seitigen Normentwurf E DIN 94681 „Verkehrssicherheitsüberprüfung für Wohngebäude“ vorgelegt.
Der Entwurf versteht sich als „Orientierungshilfe für Eigentümer und Betreiber von Wohngebäuden“. Dabei würden, heißt es in einer Stellungnahme des Instituts, lediglich „bereits bestehende Anforderungen in einem praxisnahen Leitfaden zusammengefasst und konkretisiert werden“ und „zusätzliche Kosten, die über die Erfüllung gesetzlicher Pflichten hinausgehen“ wären nicht zu erwarten.
Aber weit gefehlt: Das allgemeine Verfahren zur Beurteilung von Risiken zur Wahrung der Verkehrssicherungspflichten erstreckt sich auch in Bereiche, an die bauordnungsrechtliche Anforderungen gestellt werden, wie Baukonstruktion, Standsicherheit, Brandschutz, technische Anlagen und dgl. Derartige Begutachtungen wird es nicht kostenfrei geben. Folgerichtig führt die Norm auch eine neue Qualifikation für Personen ein, die solche Prüfungen durchführen können.
Zu befürchten ist darüber hinaus, dass Erwerber oder Mieter von Immobilien zukünftig bei ihren Entscheidungsfindungen auf ein „TÜV-Zertifikat“ bestehen werden. Eine Welle unüberschaubarer Auseinandersetzungen ist damit vorprogrammiert.
Das Deutsche Institut für Normung (DIN) bietet als privatwirtschaftliche Organisation Herstellern, Handel, Industrie, Wissenschaft, Verbrauchern, Prüfinstituten und Behörden Normen an, die im allgemeinen einen Konsens in unserer Gesellschaft erfahren haben und deshalb als technische Regeln eingeführt sind. Im aktuellen Fall ist sich das Institut aber nicht zu schade, dem Ganzen durch einen sogenannten „Gebäude-TÜV“ mit der Prüfung von z.B. der Befestigung von Dachrinnen, der Sicherheit von Balkongeländern, der Sichtbarkeit von Hausnummern usw. die Krone des „Hyper-Bürokratismus“ aufzusetzen. Das kann schlicht nur als die Quadratur des Kreises bezeichnet werden. Weder das Institut noch wir alle haben das verdient.
Der BDB-Landesverband Sachsen-Anhalt wendet sich entschieden gegen die Einführung dieser Norm.
Angesichts der aktuellen Herausforderungen im Bauwesen, insbesondere im Bereich der Digitalisierung und damit der Vereinfachung von Prozessabläufen, ist es völlig überflüssig eine Norm zu erfinden, die lediglich neue Kosten verursacht. Bereits bestehende gesetzliche Vorgaben bieten in dieser Hinsicht genügend anwendungsorientierte Sicherheit.
BDB-Landesvorstand Sachsen-Anhalt
Uwe Thal Dipl.-Ing. Architekt BDA I BDB Landesvorsitzender (V.i.S.P.)
Gommern im März 2025
Quellen: DIN I DPA I Volksstimme Magdeburg 21.03.25 I Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr