Am 6. Juli 2023 lud der BDB Bayern zu einem Online-Workshop-Nachmittag mit dem Titel „Entsiegelung“ ein. Angegangen werden, sollte die am Bau durchweg exorbitante Bürokratie und die Probleme, die in allen Bereichen dadurch entstehen. Ein Brainstorming für Lösungsansätze aus planerischer Sicht bildete das Ziel der Veranstaltung.
Dass der Bau eine komplizierte Angelegenheit ist, ist eine Binsenweisheit. Dass DIN-Normen, an die sich ein:e Planer:in halten soll, oft groteske und unlösbare Sackgassen schaffen, seit geraumer Zeit ebenfalls. Seitdem die Bundesregierung das hehre 400.000-Wohnungen-pro-Jahr-Ziel und die in einigen Jahren zu erreichende und dringend benötigte CO2-Neutralität ausgerufen und der Ukraine-Krieg und die Inflation der Baubranche einen gehörigen Dämpfer verpasst haben, sind die Bauaufgaben nicht leichter, sondern um ein Vielfaches schwieriger geworden. Die mehr als schleppende Digitalisierung der Bauämter, der Fachkräftemangel – diese und weitere Themen setzen dem Dilemma noch die Krone auf. So weit, so bekannt.
Der Landesvorsitzende Mario Mirbach nahm sich dem Thema Entbürokratisierung – in seinem Schlagwort „Entsiegelung“ – schon vor Monaten an. Denn allzu viele dieser Probleme könnten mit einer klugen und nachhaltigen Entbürokratisierung vielleicht nicht gelöst, aber für so ziemlich alle Beteiligte zumindest gelindert werden. Ganz vorne würden auch die Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren.
Somit bearbeitete der BDB Bayern, mit sehr willkommener Unterstützung von BDB-Mitgliedern auch aus anderen Landesverbänden, am 6. Juli in einer Online-Arbeitssitzung dieses riesige und auf den ersten Blick unüberschaubare Thema. Ein Brainstorming war gefragt, um zu sondieren, wo unsere Mitglieder die größten Probleme sehen und wo diejenigen Probleme sind, an deren Lösung Architekt:innen und Ingenieur:innen mitarbeiten können. Natürlich verlor sich niemand der Anwesenden in der Illusion, dass ein Berufsverband allein auch nur ansatzweise die Lösung der oben genannten Herkulesaufgaben hervorbringen könnte. Aber den Kopf in den Sand stecken und jammern? Damit wäre auch niemandem geholfen und fast schon mantra-artig erlebten wir zuletzt die Aufrufe der Planenden-Branche, sich wieder erhobenen Hauptes zu den eigenen Fähigkeiten, die in der Öffentlichkeit oft nicht wahrgenommen oder minimiert werden, zu bekennen. „Wir können was und wir müssen am Bau zurück zum gesunden Menschenverstand“, so die Aussagen an jenem Donnerstagnachmittag.
Die im Workshop entstandene Mindmap zeugt von einem sehr weiten Themenfeld und vielen kleineren und größeren Problemen. Diese hier im Detail darzustellen, würde den Rahmen sprengen, aber interessierte Mitglieder können sich für einen Blick auf die Mindmap gern an die Geschäftsstelle wenden. Dennoch haben sich einige Felder, in denen der BDB als Berufsverband mit einem klaren Konzept an anderer Stelle Input geben und auf die Politikkontakte einwirken kann, ergeben. So werden im Nachgang Gespräche mit Bauamtsleitungen gesucht, um zu eruieren, wie eine bessere, digitalere, nahtlosere und wohlwollendere Zusammenarbeit möglich sein könnte. Ein Punkt, der mehr verbands- bzw. berufsintern angegangen werden muss, ist das eingangs beschriebene, oft wacklige Image des Planenden als in Zeiten von Totalunternehmern (TU) gelegentlich obsolet betrachteter Teil eines Bauvorhabens. Die Entscheidung zur Vergabeverordnung (VgV) liegt allen im Hinblick auf die unsichere zukünftige Handhabung und die Konsequenzen für Architekt:innen und Ingenieur:innen weiterhin schwer im Magen. Dabei möchte der Verband proaktiv mögliche Lösungen zur neuen Situation in die Politik tragen – der BDB Bayern begann bereits im Juni im Zuge der baupolitischen Gespräche (mehr dazu in Ausgabe 3/2023 der BDB Nachrichten), um nicht – wieder im Hinblick auf Totalunternehmervergaben – abgehängt zu werden. Freiberufler:innen müssen als Mittelstandsstütze erhalten und geschützt werden! Diese Forderung muss ständig wieder und wieder nach oben getragen werden. Schließlich steht auf der Liste der Punkt, der sowohl in der Baubranche Tätige, als auch die öffentliche Hand und bauwillige Bürgerinnen und Bürger direkt und oft schmerzlich trifft: Die Lösungsfindung hinsichtlich der exorbitant gestiegenen Baukosten. Nach der Meinung der Arbeitsgruppe müssen Kosten und Termine schlichtweg minimiert werden. Für bestimmte Projekte müssten dann auch Generalplanungsleistungen, evtl. sogar in Kombination mit TU-Leistungen ab LPH4 kein Tabu mehr sein.
Bei all diesen „Baustellen“ werden weiterhin interessierte und tatkräftige Mitstreiter:innen gesucht. Wir freuen uns, wenn Sie sich an die Geschäftsstelle wenden, wenn Sie mitarbeiten oder auch nur informiert werden möchten. Je mehr Stimmen, desto mehr können wir bewegen. Die o. g. Themen sollen in den nächsten Monaten in weiteren Treffen wieder aufgegriffen werden.